Ein Schild mit der Aufschrift "Cour de Justice de l'Union Europeene" vor einem Gebäude des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg

EuGH-Urteil Vorfälligkeitsentschädigung mit EU-Recht vereinbar

Stand: 14.03.2024 12:57 Uhr

Wer einen Kreditvertrag vorzeitig kündigt, muss in der Regel der Bank oder Sparkasse eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Der Europäische Gerichtshof hat nun entschieden, dass dies mit EU-Recht vereinbar ist.

Dass eine Bank bei der vorzeitigen vollständigen Tilgung eines Kredits eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung verlangt, ist laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) rechtens.

Im konkreten Fall hatten zwei Personen 2019 eine Eigentumswohnung gekauft und dafür einen Kredit in Höhe von 236.000 Euro aufgenommen. Die Zinsbindung betrug zehn Jahre. Ein Jahr später verkauften sie die Wohnung wieder, kündigten den Kreditvertrag und zahlten den Kredit zurück. Die Bank verlangte, wie in solchen Fällen üblich, eine sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung.

Hintergrund einer solchen Entschädigung: Wird ein Kredit vorzeitig zurückgezahlt, fallen die Zinszahlungen an die Bank weg - möglicherweise über Jahre. Die Bank, die mit den Einnahmen kalkuliert hat, macht somit weniger Gewinn. Dafür verlangt sie dann eine Entschädigung.

Die beiden Käufer zahlten zunächst die von der Bank geforderte Vorfälligkeitsentschädigung, forderten dann aber deren Rückzahlung und verklagten die Bank. Sie argumentierten unter anderem, dass der Bank nur eine Entschädigung für tatsächlich angefallene Kosten zustehe, nicht aber für entgangene Zinsen. Da es bei dieser Frage auch um europäisches Recht geht, legte das zuständige Landgericht Ravensburg den Fall dem obersten Gericht der EU, dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor.

Entschädigung auch bei entgangenen Zinsen

Der EuGH hat nun entschieden: Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist mit EU-Recht vereinbar. Dies gilt auch, wenn entgangene Zinsen mit einberechnet werden. Zugleich hat der EuGH die in Deutschland übliche Berechnungsmethode für die Entschädigung grundsätzlich gebilligt - die sogenannte Aktiv-Passiv-Methode.

Bei dieser Berechnung wird zunächst einmal zugunsten der Bank der entgangene Gewinn berücksichtigt. In einem zweiten Schritt wird dann berücksichtigt, dass die Bank die zurückgezahlte Kreditsumme am Kapitalmarkt in sichere Anlagen anlegen kann. Diesen Betrag muss sie sich entgegenhalten lassen.

Der EuGH hat gegen diese Berechnungsmethode grundsätzlich keine Einwände. Es müsse allerdings immer sichergestellt werden, dass die Entschädigung den finanziellen Verlust der Bank nicht übersteigt und gegen den Verbraucher keine zusätzliche Vertragsstrafe verhängt wird. Ob dies der Fall sei, müssten im Einzelfall die zuständigen nationalen Gerichte prüfen.

Aktenzeichen: C-563/22

Klaus Hempel, SWR, tagesschau, 14.03.2024 12:11 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 14. März 2024 um 13:07 Uhr.