Rewe-Supermarkt

Lebensmittelhandel Rewe testet veganen Supermarkt in Berlin

Stand: 04.05.2024 08:39 Uhr

Alles ohne tierische Produkte: Im angesagten Berliner Stadtteil Friedrichshain hat die Rewe Group einen komplett veganen Supermarkt eröffnet. Kann das Konzept funktionieren?

Von Tom Garus, rbb

Humus und vegane Quarkaufstriche, fleischlose Bratwürste, Eierlikör, Backmischungen, Hygieneartikel, Beerensmoothies: alles vegan und alles an einem Ort. Der spezielle Rewe-Markt in Berlin-Friedrichshain ist etwa so groß wie ein üblicher Rewe City in einer Bahnhofsvorhalle und ausschließlich bestückt mit veganen Produkten.

"Für die Kunden, die rein pflanzlich leben, ist es schön, weil sie nichts mehr umdrehen müssen, sie müssen nichts mehr prüfen", erklärt Rewe-Projektmanagerin Isabell Kroll das Konzept. Sie hat den veganen Markt für Rewe entwickelt.

Isabell Kroll

Isabell Kroll hat das Konzept für den Markt entwickelt

Markt ist Testballon für die Rewe Group

Es ist ein Versuch, den die Rewe Group an der Warschauer Straße in Berlin-Friedrichshain startet, einer angesagten Wohn- und Ausgehgegend mit jungem, internationalem Publikum. Das Ziel: neue vegane Produkte ausprobieren und neben Veganern vor allem das wachsende Potenzial an Flexitariern gezielt ansprechen. Immer häufiger nämlich probieren auch Nicht-Veganer Fleisch-, Ei- und Milchersatzprodukte aus.

Kunde Olaf Hennig zum Beispiel. Ihn beschäftigt ein Artikel über Massentierhaltung, den er gestern gelesen hat: "Da habe ich mir wieder gedacht, eigentlich wird es allerhöchste Zeit, dass du wieder mal umstellst. Dann war aber die nächste Frage: Was esse ich dann eigentlich? Da ist so ein Ort natürlich eine tolle Sache, weil man sich da Inspiration holen kann."

Ein großes Marktpotenzial, das Rewe nun offenbar noch gezielter heben will, so Kroll: "Wir haben verstanden, dass rein pflanzliche Ernährung nicht nur ein Trend ist - das ist eine Lebenseinstellung. Immer mehr Kunden leben vegan. Es gibt immer mehr interessierte Kundengruppen, nicht nur die reinen Veganer, sondern eben auch Flexitarier, Vegetarier und so weiter. Wir wollen schauen, wie wir uns hier weiterentwickeln können".

Umfrage zeigt großes Potenzial

Laut dem Institut für Demoskopie Allensbach leben in Deutschland 1,5 Millionen Menschen vegan. Bei einer Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK im Auftrag von Rewe gaben knapp 27 Prozent der rund 1.000 Befragten an, mehrmals pro Woche tierische Produkte durch Alternativen zu ersetzen. Laut der GfK-Umfrage greifen 54 Prozent der Menschen dabei aus Neugier zu veganen Produkten.

Doch würden die veganen Neueinsteiger deshalb gleich einen komplett veganen Markt ansteuern? Ob der Markt von den Kunden angenommen wird, sei auch für Rewe der Blick in die Glaskugel, räumt Projektleiterin Kroll ein.

Zumal das Berliner Unternehmen Veganz am selben Standort bereits ein paar Jahre lang einen veganen Supermarkt betrieb. Ende 2023 ist der Laden verschwunden - wie alle anderen der zeitweise zehn Veganz-Filialen in Europa. Das Unternehmen hat sein Geschäftsmodell umgestellt und ist jetzt vor allem als Hersteller von veganen Ersatzprodukten tätig, die es auch im neuen rein pflanzlichen Rewe-Markt gibt.

Rewe, Veganz, Billa Pflanzilla

Der Berliner Rewe-Kunde Markus Lange kennt den alten Veganz- Supermarkt noch und kann dem veganen Nachfolger von Rewe mit Blick auf die Preise etwas abgewinnen: "Veganz hat viele Spezialprodukte gehabt. Mein Eindruck ist, dass es hier auch Standardprodukte gibt, nicht die superhippen Chips mit sonst was, sondern die Standard-Chips, die ich auch im Supermarkt bekomme. Hier muss ich aber nicht suchen: Welche sind jetzt vegan?"

Laut Rewe ist das Angebot hier mit 2.700 veganen Produkte fast doppelt so groß wie in herkömmlichen Filialen. Darunter seien auch viele preisgünstigere Marken wie die Salattüte der Rewe-Eigenmarke "Ja!" im Kühlregal. Ein Konzept, das sich Kundin Iden Biton nur in Berlin vorstellen kann. In München, schätzt sie, würde das nicht funktionieren. Zwar sei das Angebot gut sortiert und übersichtlich. "Aber vieles davon gibt es auch im normalen Rewe. Also müsste man eigentlich nicht extra herkommen."

Innenansicht eines Rewe-Supermarktes

Innenansicht des veganen Rewe-Markts

Dass ein rein veganer Supermarkt funktionieren kann, habe die Rewe Group in Wien festgestellt, so die Berliner Projektleiterin Kroll. Lebensmittel-Einzelhändler Billa, der zur Rewe Group gehört, eröffnete dort neben einer herkömmlichen Billa-Filiale eine rein pflanzliche Filiale auf, "Billa Pflanzilla". So konnten sich Flexitarier in dem rein veganen Laden inspirieren lassen und bekamen dennoch Wurst und Käse im "normalen Billa" nebenan.

Weitere rein vegane Märkte möglich

In Berlin ist der nächste herkömmliche Rewe-Supermarkt 500 Meter entfernt, so Kroll. "Deshalb war es für uns eine ganz andere Hausnummer, einen eigenen Markt zu entwickeln". Der rein pflanzliche Rewe sei "ein Testmarkt, ein Wagnis, ein Zukunftslabor", so Kroll. "Wir schauen jetzt einfach, wie es läuft." Rewe wolle hier "viel ausprobieren", neue Artikel und Marken anbieten. "Ob es weitere derartige Märkte geben wird, entscheiden wir dann in ein paar Monaten."

Die Konkurrenz wird genau hinschauen. Lidl, Aldi und Edeka sagten auf Nachfrage von tagesschau.de, dass sie aktuell keine rein veganen Märkte planen. Lidl verweist darauf, dass seine veganen Ersatzprodukte bewusst im direkten Umfeld der tierischen Pendants platziert würden, um eine bewusste Kaufentscheidung zu ermöglichen. Deshalb sehe man derzeit keinen Bedarf, eine vegane Filiale zu eröffnen.