Generalstreik in Portugal Protest ohne Hoffnung auf Erfolg

Stand: 24.11.2010 03:36 Uhr

Mit einem Generalstreik legen die Gewerkschaften das öffentliche Leben in Portugal lahm. So protestieren sie gegen die Sparpolitik der Regierung. Portugal steckt in der Schuldenfalle. Dass die Regierung ihren Kurs ändern wird, glaubt daher kaum jemand.

Von Reinhard Spiegelhauer, ARD-Hörfunkstudio Madrid

Die Situation scheint vergleichbar mit der in Griechenland: Portugal ist durch hohe Verschuldung und ein Haushaltsdefizit von knapp zehn Prozent im vergangenen Jahr zu Sparmaßnahmen gezwungen.

Und das Sparpaket sieht ähnlich dramatische Einschnitte vor: Kürzungen im öffentlichen Dienst, der in vielen Gegenden einer der bedeutendsten Arbeitgeber ist. Die Mehrwertsteuer ist erhöht worden und soll im kommenden Jahr nochmals steigen. Die Renten werden eingefroren, das Renteneintrittsalter soll mit einer Reform auf 67 Jahre angehoben werden - natürlich um zu sparen. Die Einkommensteuer ist angehoben worden, Familiengeld und Pendlerzuschläge wurden gestrichen.

Seit Jahren in der Dauerkrise

Die großen Gewerkschaften des Landes haben zum Generalstreik aufgerufen - und ein Großteil der Beschäftigten beteiligt sich. Doch anders als in Griechenland sind die Menschen bei aller Verärgerung auch bemerkenswert gelassen.

Portugal ist seit Jahren in einer Dauerkrise, die Menschen sind schlechte Nachrichten gewöhnt. Der EU-Beitritt hat nur vorübergehenden Aufschwung gebracht - Korruption, aufgeblähte Verwaltung und niedrige Produktivität sind aber geblieben. Und die sozialistische Regierung ist im vergangenen Jahr wiedergewählt worden, obwohl sie schon in ihrer ersten Amtszeit kräftig den Rotstift angesetzt hatte. Schon damals hatte es Proteste und Streiks gegeben - doch Ministerpräsident Sócrates hielt den Sparkurs eisern durch.

Das erwarten die Menschen auch jetzt: "Ich glaube nicht, dass der Streik große Änderungen in der Politik auslösen wird. Die Haushaltspläne werden deswegen nicht geändert" - so lauten Stimmen bei Straßenumfragen.

Mit brennenden Autos ist nicht zu rechnen

In ihrer ersten Legislaturperiode schaffte es die Regierung, das Haushaltsdefizit von rund sieben Prozent in nur zwei Jahren auf unter drei Prozent zu drücken - und viele Portugiesen sind sich darüber im klaren, dass die Lage heute noch brenzliger ist. Auch wenn es weh tut, Portugal braucht den Konsolidierungskurs, meint ein Passant: "Wir brauchen Sparmaßnahmen wie alle anderen auch."

Auch wenn wegen des Generalstreiks die meisten öffentlichen Verkehrsmittel nicht fahren, in vielen Betrieben die Bänder still stehen: Bilder von Steine werfenden Demonstranten, knüppelnden Polizisten und brennenden Autos wie in Griechenland wird es aus Portugal wohl nicht geben.

R. Spiegelhauer, DLF, 24.11.2010 15:43 Uhr