Anleihen auf "Ramsch"-Niveau herabgestuft Moody's Note empört Portugal und seine Retter

Stand: 06.07.2011 14:37 Uhr

Portugals langfristige Staatsanleihen nur noch "Ramsch", ein zweites Hilfspaket wahrscheinlich - das Urteil der US-Ratingagentur Moody's ist ein neuer Tiefschlag für das schuldengeplagte Portugal. Aber es ist auch ein Schlag für die Rettungsbemühungen der EU. Brüssel reagierte mit harscher Kritik

Die EU-Kommission hat in ungewöhnlich scharfer Form gegen die Herabstufung der Kreditwürdigkeit Portugals durch die Ratingagentur Moody's reagiert. "Das ist eine unglückselige Episode und wirft Fragen über das Verhalten der Ratingagenturen und deren Weitblick auf", sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn. Die Kommission bedauere die Entscheidung von Moody's. Portugal wurde bisher in Brüssel attestiert, das Sparprogramm engagiert umzusetzen.

Moody's hatte seine Entscheidung, Portugals langfristige Staatsanleihen auf Ramschstatus abzustufen, damit begründet, dass das Land möglicherweise seine Sparziele verfehle und ein zweites Rettungspaket benötige. Weitere Herabstufungen könnten erfolgen, drohte die Agentur.

Auch die Bundesregierung kritisierte die Bonitäts-Abwertung. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble forderte Konsequenzen. Die Herabstufung des hoch verschuldeten Landes sei sachlich nicht begründet, sagte Schäuble und fügte hinzu: "Wir müssen den Einfluss der Rating-Agenturen begrenzen." Das Oligopol von Moody's, Fitch und Standard & Poor's müsse gebrochen werden. Die Bundesregierung sei von der Herabstufung genauso überrascht worden wie viele andere Akteure auch.

Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen störte sich vor allem an den Mutmaßungen der Ratingagentur über ein zweites Hilfspaket für das Portugal. "Ich würde ganz klar sagen: Es ist sehr voreilig, darüber überhaupt schon zu spekulieren", sagte Asmussen in einem Interview von Reuter Insider TV. Das portugiesische Programm stehe schließlich erst am Anfang. Zudem gebe es eine neue Regierung, die sich klar zu Anpassungen verpflichtet habe. "Ich würde dringend raten, dass man der neuen Regierung Zeit gibt, das was sie zugesagt hat, auch umzusetzen", sagte Asmussen.

Debatte um Macht der Ratingagenturen

Am Vortag hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel sich ähnlich kritisch über die Praxis der Ratingagenturen geäußert. Die Staaten dürften sich ihre eigene Urteilsfähigkeit nicht "wegnehmen lassen", sagte sie in Berlin. Merkel äußerte sich nach den Warnungen der US-Ratingagentur Standard & Poor's im Zusammenhang mit den europäischen Rettungsplänen für Griechenland, die eine freiwillige Beteiligung privater Gläubiger vorsehen.

Kursverluste in Lissabon und Frankfurt

An der Börse in Lissabon zog die Abstufung durch die Ratingagentur Moody's einen Kurssturz nach sich. Die Kurse gaben durchschnittlich 2,5 Prozent nach, Bankaktien fielen besonders stark. Aktien der Banco Comercial Portugues verloren beispielsweise mehr als fünf Prozent.

An der Frankfurter Börse hielten sich die Kursabschläge in Grenzen. Belastet von Moody's Entscheidung waren insbesondere die Finanzwerte. Neben den portugiesischen Banken, die zeitweise mehr als fünf Prozent verloren, gerieten vor allem italienische und spanische Banken unter Druck. Händler erklärten die Verluste damit, dass besonders Italien und Spanien von einem möglichen Flächenbrand betroffen wären.

Der ARD-Börsenkorrespondent Klaus-Rainer Jackisch berichtet von Spekulationen, die den großen Ratingagenturen die Objektivität zumindest zum Teil absprechen. Es bestehe der Verdacht, "dass die US-Ratingagenturen ein gewisses Interesse daran haben, das Feuer in Europa immer weiter aufflammen zu lassen, um von den eignen Problemen in den USA abzulenken". Die Schuldenkrise in den USA sei weit dramatischer, aber dort würden "merkwürdigerweise nicht so harte Kriterien angelegt wie in Europa", sagte Jackisch.

S&P: Kriterien sind bekannt und bewährt

Der Deutschland-Chef der US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P), Torsten Hinrichs, verteidigte Moody's Urteil. Aufgabe der Ratingagentur sei nicht zu beurteilen, ob ein Lösungsversuch ökonomisch oder politisch richtig sei oder nicht, sondern eine Meinung über die künftige Zahlungsfähigkeit abzugeben. Im vorliegenden Fall sei die Möglichkeit gegeben, dass das ursprüngliche Zahlungsversprechen, Anleihen nach zwei oder drei Jahren zurückzuführen, ausgetauscht werde für ein Zahlungsversprechen in 30 Jahren. Dies sei "nach unseren Kriterien" ein teilweiser Zahlungsausfall, sagte Hinrichs. Diese Kriterien habe S&P bereits 2009 veröffentlicht, betonte Hinrichs. Eine Bewertung durch Ratingagenturen sei "absolut wichtig für Investoren", verteidigte Hinrichs das Geschäftsmodell. Nur so sei gewährleistet, dass diese sich ein breites Bild machen und eine Wahl treffen könnten, in welche Papiere sie investieren wollen.

Portugiesische Regierung will Sparkurs einhalten

Portugals Regierung erklärte, Moody's berücksichtige die jüngst eingeführte Sondersteuer und die politische Unterstützung für den Sparkurs nicht. Zugleich versicherte sie, es werde alles getan, um die verschärften Sparanstrengungen zu bewältigen.

Das hoch verschuldete Portugal hatte Hilfskredite von EU und IWF im April beantragt und diese im Mai zugesagt bekommen. Portugal ist damit nach Griechenland und Irland das dritte EU-Land, das Hilfen der Europäischen Union und des IWF in Anspruch nimmt.