Prognose nach oben korrigiert Forscher erwarten 2,8 Prozent Wachstum

Stand: 07.04.2011 11:15 Uhr

Die deutsche Wirtschaft übertrifft zwei Jahre nach der schweren Rezession wieder das Vorkrisenniveau. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute sagen in ihrem Frühjahrsgutachtachten für 2011 ein Wachstum von 2,8 Prozent voraus. Die Arbeitslosenzahl werde auf 2,888 Millionen sinken.

Trotz der Katastrophe in Japan und der politischen Instabilität in ölreichen arabischen Staaten setzt die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr ihr kräftiges Wachstum fort. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen für 2011 mit einem Plus des Bruttoinlandsprodukts von 2,8 Prozent. In ihrem Frühjahrsgutachten hoben die Konjunkturexperten ihre bisherige Prognose vom Oktober damit drastisch an. Damals hatten sie noch ein Wirtschaftswachstum von 2,0 Prozent vorausgesagt. Die Auftragseingänge der deutschen Industrie seien kräftig gestiegen. Die Unternehmen schätzten ihre Lage so günstig ein wie zuletzt zur Zeit der Wiedervereinigung, erklärten die Forscher. Für 2012 erwarten sie einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,0 Prozent.

Der Aufschwung wird dem Frühjahrsgutachten zufolge sowohl von der Auslandsnachfrage als auch von der Binnenkonjunktur getragen. Dabei werde die Inlandsnachfrage "mit nahezu unverändertem Tempo zulegen". Mit der steigenden Beschäftigung und einem zu erwartenden Anstieg der Tariflöhne um 2,8 Prozent werde sich die Einkommenssituation privater Haushalte verbessern.

Arbeitslosenzahl sinkt unter drei Millionen

Die Zahl der Arbeitslosen wird laut Frühjahrsgutachten im Durchschnitt des laufenden Jahres unter die Drei-Millionen-Marke auf 2,888 Millionen sinken. Die Arbeitslosenquote wird demnach von 7,7 auf 6,9 Prozent zurückgehen. Das Defizit des Staats wird voraussichtlich von 3,3 Prozent auf 1,7 Prozent schrumpfen. Die Verbraucherpreise sollen um 2,4 Prozent steigen.

Mit einem Wirtschaftswachstum von 2,8 Prozent läge Deutschland 2011 in der Spitzengruppe der Industriestaaten. Die Auswirkungen der Katastrophe in Japan auf die Weltwirtschaft würden "voraussichtlich nur kurzzeitig spürbar sein", schrieben die Forscher im Frühjahrsgutachten. Die größten Risiken für die Konjunktur lägen dennoch im Ausland. Sollte das Ölangebot wegen der Aufstände in arabischen Ländern knapper werden oder sich die Schuldenkrise in einigen europäischen Staaten zuspitzen, könne dies die deutsche Wirtschaft belasten.

Die Forscher empfahlen der Bundesregierung einen Konsolidierungskurs und verlangten Nachbesserungen beim Euro-Rettungsschirm. Private Gläubiger müssten effektiver herangezogen werden, wenn überschuldete Staaten ihren Gläubigern das Geld nicht zurückzahlen könnten.

Deutschland erreicht wieder Vorkrisenniveau

Sollten sich die neuen Schätzungen der Forscher bewahrheiten, überträfe das deutsche Bruttoinlandsprodukt bereits in diesem Jahr das Niveau aus der Zeit vor der Wirtschaftskrise. Angesichts der historischen Dimension der Rezession des Jahres 2009 war ursprünglich damit gerechnet worden, dass die deutsche Wirtschaft erst 2013 oder frühestens 2012 wieder das Vorkrisenniveau erreicht.

Auf der Basis des aktuellen Frühjahrsgutachtens der Forschungsinstitute wird die Bundesregierung ihre neue Konjunkturprognose in der kommenden Woche vorlegen. Sie geht bislang offiziell davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 2,3 Prozent über dem Vorjahreswert liegen wird. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sieht im Frühjahrsgutachten ein klares Signal: "Der dynamische Wirtschaftsaufschwung geht weiter", sagte er. Der Aufschwung sei im Inland fest verankert, zugleich würden am Arbeitsmarkt "neue Beschäftigungsrekorde" aufgestellt.

Die Arbeitgeberverbände warnten, die Vorhersage der Wirtschaftsforschungsinstitute dürfe "nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Auftriebskräfte nachlassen". Fast die Hälfte des Wachstums gehe auf die Dynamik des Vorjahres zurück, teilten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) mit.

IMK erwartet schwächeres Wachstum für 2012

Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung legte ebenfalls eine neue Konjunkturprognose vor. Danach wird das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 2,7 Prozent zulegen. Infolge steigender Preise und des Sparkurses der Regierungen in vielen europäischen Ländern werde sich der Aufwärtstrend 2012 aber deutlich abschwächen, erklärten die Forscher. Im kommenden Jahr sei noch mit einem Wachstum von 1,7 Prozent zu rechnen. Angesichts der zahlreichen Risiken für den Aufschwung raten die Experten der Bundesregierung zudem, sich für einen Konjunkturrückgang zu rüsten und Geld zur Seite zu legen.