Koalition ringt um gemeinsame Position Schäuble fordert Umschuldung Griechenlands

Stand: 08.06.2011 14:03 Uhr

Soll Deutschland ein zweites Hilfspaket für Griechenland mittragen und eine Umschuldung unterstützen? Finanzminister Schäuble spricht sich dafür aus. Unterstützung erhielt er von Kanzlerin Merkel und der FDP. Über die Haltung der Koalition wollen am Abend die Fraktionen von Union und FDP entscheiden.

Die schwarz-gelbe Koalition will am Abend in Sondersitzungen der Fraktionen von Union und FDP eine gemeinsame Position zum weiteren Umgang mit dem hoch verschuldeten Griechenland festlegen. Die Grundlinie skizzierte dabei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Er setzte sich für ein neues Hilfspaket und eine Umschuldung Griechenlands ein. "Wir stehen vor dem realen Risiko der ersten ungeordneten Staatsinsolvenz innerhalb der Euro-Zone", warnte er in einem Brief, der dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Das Schreiben ist an die EU-Finanzminister, an die Europäische Zentralbank (EZB), die EU-Kommission und den Internationalen Währungsfonds (IWF) gerichtet.

Ruf nach Beteiligung privater Gläubiger

Er räumte ein, dass das bisherige Konzept zur Rettung Griechenlands vor dem drohenden Bankrott gescheitert sei. Er sehe die "Notwendigkeit, dass wir uns auf ein neues Programm für Griechenland verständigen, um die Finanzlücke zu schließen und eine Insolvenz zu verhindern". Schäuble machte keine genauen Angaben zum Umfang eines neues Hilfspakets. Jede zusätzliche Unterstützung für Griechenland müsse eine faire Lastenteilung zwischen Steuerzahlern und privaten Investoren enthalten, betonte er aber.

Der Bundesfinanzminister regte zugleich eine Umschuldung in Form eines Anleihetauschs an. Dies käme einem Zahlungsaufschub für Griechenland gleich. Demnach sollen Investoren alle griechischen Staatsanleihen, die sie derzeit halten, in neue Schuldverschreibungen mit einer um sieben Jahre verlängerten Laufzeit umtauschen. Das gäbe dem Land eine Atempause von sieben Jahren bei der Rückzahlung der Schulden und zugleich Zeit für die notwendigen Reformen. Eine Entscheidung über den Vorschlag könnte beim Treffen der Finanzminister der Euro-Länder am 20. Juni fallen.

Umschuldung stößt auf Skepsis

Laut EU-Währungskommissar Olli Rehn wird derzeit an entsprechenden Initiativen gearbeitet. Im Gespräch sind freiwillige Zusagen der Banken, fällig werdende Staatsanleihen durch den Kauf neuer Bonds abzulösen. Der amtierende IWF-Chef John Lipsky machte unterdessen deutlich, dass die jetzigen Pläne zur Unterstützung Griechenlands keine Restrukturierung der Schulden des Staates beinhalten. Die Idee, dass private Gläubiger freiwillig einer Laufzeitverlängerung zustimmen würden, sei zudem hypothetisch, sagte Lipsky der Nachrichtenagentur Reuters. Der designierte EZB-Chef Mario Draghi warnte vor den möglichen Folgen einer Umschuldung Griechenlands. Dies könne das ganze Finanzsystem destabilisieren, sagte er, und "schwere Folgen für das künftige Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone haben".

Merkel unterstützt Schäuble

Bundeskanzlerin Merkel unterstützte Schäubles Werben für neue Finanzhilfen an Griechenland unter Beteiligung der privaten Gläubiger. Sie habe den Brief an die europäischen Partner im Kern gekannt, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Christoph Steegmans. Er ließ aber offen, ob die gesamte Regierung den Vorstoß Schäubles am Ende auch so mitträgt.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner machte deutlich, dass er ein Entgegenkommen der privaten Geldgeber bei der Lösung der griechischen Schuldenprobleme für denkbar hält. Eine Streckung der Kredite wäre im Interesse des Finanzmarktes, der Griechen selbst und der deutschen Steuerzahler. FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle signalisierte die Zustimmung der Liberalen für ein zweites Rettungspaket. Zugleich unterstützte er Schäubles Vorschläge. Aus Sicht der Liberalen müsse aber eine Beteiligung privater Gläubiger an den Risiken sowie ein Veto-Recht des Bundestages gesichert sein. Zudem müsse es Extra-Sparvorgaben für die Regierung in Athen geben. Am Freitag will die Koalition im Bundestag einen gemeinsamen Antrag zu den Griechenland-Hilfen beschließen, der die Richtschnur für die Verhandlungen der Bundesregierung auf EU-Ebene sein soll. Im Zusammenhang mit der Beratung des Antrags will Schäuble eine Regierungserklärung abgeben.

Opposition fordert Beteiligung privater Gläubiger

Die SPD signalisierte ihre Bereitschaft, neuen Hilfen für Griechenland zuzustimmen. Deutschland sei auf einen stabilen Euro angewiesen, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Thomas Oppermann. Er pochte aber auf eine Beteiligung privater Gläubiger. Diese Forderung teilen die Grünen. Der Finanzexperte Gerhard Schick plädierte im Deutschlandradio Kultur zudem für eine Umschuldung Griechenlands. Dies sei richtig, um die "Schuldentragfähigkeit" Griechenlands wiederherzustellen, sagte er. "Die Schuldenlast ist so hoch, dass es kaum eine Perspektive gibt, wenn man nicht durch eine Umschuldung dieses Niveau reduziert."