Vor Abstimmung im Bundestag Regierung und Opposition pokern um Fiskalpakt

Stand: 24.03.2012 18:19 Uhr

Kein Kuhhandel mit der Opposition beim EU-Fiskalpakt - so hieß es bislang aus der Regierung. Doch die Kanzlerin hat keine andere Wahl: Sie braucht die Zustimmung der Opposition im Bundestag und Bundesrat. SPD und Grüne knüpfen ihr Ja an Bedingungen, etwa eine Finanztransaktionssteuer.

Kein Kuhhandel, keine Methode "Billiger Jakob", tönte FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle jüngst in Richtung SPD und Grüne. Es sei unwürdig, die Zustimmung zum europäischen Fiskalpakt an Forderungen zu binden, etwa nach Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

Doch Fakt ist: Die schwarz-gelbe Regierung ist bei der Abstimmung im Bundestag und Bundesrat auf das Ja der Opposition angewiesen. Sie braucht eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die Verabschiedung im Bundestag ist für Ende Mai vorgesehen, die ersten Parlamentsberatungen beginnen bereits nächste Woche. Der Bundesrat soll am 15. Juni zustimmen.

Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" wollen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und führende CDU-Politiker die Zustimmung der Opposition zum EU-Fiskalpakt nun doch mit Zugeständnissen erkaufen. Unionsfraktionschef Volker Kauder wolle Vertreter von FDP, SPD und Grünen möglicherweise schon in der kommenden Woche zu einem Treffen einladen und Einigungschancen ausloten.

Union geht auf SPD zu

Dem Bericht zufolge ist die Union etwa dazu bereit, über eine Beteiligung der Finanzmärkte an den Kosten der Schuldenkrise zu reden. Die Einführung von Finanztransaktionssteuern nur in wenigen EU-Staaten oder womöglich allein in Deutschland komme allerdings nicht infrage. Denkbar seien auch Wachstumsprogramme für notleidende Staaten Südeuropas und Projekte gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit dort.

Die CDU würde sich damit für Forderungen der SPD offen zeigen, die der frühere Finanzminister Peer Steinbrück in der "Rheinischen Post" erneuerte. Seine Partei wolle in den Verhandlungen mit der Bundesregierung eine generelle finanzielle Beteiligung des Finanzsektors einfordern, sagte Steinbrück. Den Begriff Finanzmarkttransaktionssteuer nannte er nicht, stattdessen forderte er eine Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte und ein Wachstumspaket für die südeuropäischen Krisenländer.

Schäuble bringt "erweitere Börsensteuer" ins Gespräch

Finanzminister Wolfgang Schäuble erhöhte derweil den Druck auf die Opposition. Eine Ablehnung des Fiskalpakts wäre "so unverantwortlich, dass sich die SPD und die Grünen das gar nicht werden leisten können". Deren Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer sei in Europa nicht durchzusetzen, sagte Schäuble im SWR. Eine Ablehnung mache daher keinen Sinn.

Gegen die Finanztransaktionsteuer, die alle Finanzmarktgeschäfte umfassen würde, sperren sich in der EU vor allem Großbritannien und Schweden. Allerdings hatte Schäuble bislang auch eine solche Steuer nur für die Eurozone erwogen, was jedoch der Koalitionspartner FDP ablehnt.

Als Kompromiss schlug Schäuble nun "eine erweiterte Börsensteuer" vor. Das sei eine gleichwertige Alternative zur Finanztransaktionsteuer auf europäischer Ebene. Eine Börsensteuer, wie es sie zum Beispiel in Großbritannien gibt, würde auf bestimmte Börsengeschäfte erhoben. Dort gilt diese Steuer allerdings in erster Linie für den Aktienhandel, nicht jedoch für neuere, hochspekulative Finanzprodukte.

Grüne: "Doppeltes Spiel"

In der am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Finanzplanung der Bundesregierung ist die Finanztransaktionsteuer bislang weiterhin enthalten, wenn auch erst ab 2014. Ab diesem Jahr hat Schäuble jährliche Einnahmen von zwei Milliarden Euro daraus eingeplant. Grünen-Parteichef Cem Özdemir warf dem Minister deshalb ein "doppeltes Spiel" vor. Einerseits rücke Schäuble öffentlich von der Finanztransaktionssteuer ab, andererseits plane er ihre Einnahmen ein.

Der Fiskalpakt war Anfang März von 25 der 27 EU-Staaten unterzeichnet worden und muss nun in nationales Recht umgesetzt werden. Der Vertrag sieht Schuldenbremsen und Sanktionen für Defizitsünder vor und soll für eine solide Haushaltspolitik in der EU sorgen.