Leitzins nun bei 1,25 Prozent EZB überrascht mit Zinssenkung

Stand: 03.11.2011 17:43 Uhr

Der neue EZB-Präsident Draghi startet mit einer Überraschung ins Amt: Entgegen den Erwartungen senkte die Europäische Zentralbank den Leitzins in der Eurozone um 0,25 Prozentpunkte auf 1,25 Prozent. Die Zinssenkung soll angesichts der schwächelnden Konjunktur die Wirtschaft ankurbeln.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins für die Euro-Zone auf 1,25 Prozent gesenkt. Bei der ersten EZB-Ratsitzung unter Leitung ihres neuen Präsidenten Mario Draghi verringerte die Notenbank den Zinssatz um 0,25 Prozentpunkte. Erstmals seit Mai 2009 beschloss die Notenbank damit wieder eine Absenkung des Leitzinses.

Die Entscheidung für die Zinssenkung habe der EZB-Rat einstimmig getroffen, erklärte Draghi. Er begründete den Schritt mit den trüber werdenden Aussichten für die Wirtschaft im Währungsraum. Das Wirtschaftswachstum dürfte in der zweiten Jahreshälfte nur noch "sehr moderat" ausfallen, die Wachstumsprognosen für 2012 dürften deutlich sinken.

Umstrittener Anleihenkauf wird fortgesetzt

Die EZB werde den umstrittenen Aufkauf von Staatsanleihen der Euro-Schuldenstaaten vorerst fortsetzen. Draghi betonte jedoch, das Programm sei vorübergehend und in seinem Umfang begrenzt. Die EZB werde auch nicht zu diesem Schritt gezwungen: "Wir werden von niemandem gedrängt. Wir sind unabhängig. Wir bilden uns unsere eigene Meinung. Das ist es."

Seit Mai 2010, als der EZB-Rat das Aufkaufprogramm beschloss, steckte die Notenbank Milliarden in Staatsanleihen von Schuldenstaaten wie Griechenland, Portugal und Italien. Draghis Vorgänger Jean-Claude Trichet war für den Schritt massiv kritisiert worden, viele warfen der EZB vor, zum Handlanger der Politik geworden zu sein. Auch in der EZB gab es Streit, der damalige Bundesbank-Präsident Axel Weber kritisierte den Aufkauf wiederholt öffentlich.

Mehr Investitionen, mehr Konsum - und mehr Inflation

Beobachter waren im Vorfeld der EZB-Sitzung mehrheitlich davon ausgegangen, dass die Währungshüter den Zinssatz im November auf seinem bisherigen Stand von 1,5 Prozent belassen würden. Die EZB hatte unter Draghis Vorgänger Trichet wegen gestiegener Risiken für die Preisstabilität den wichtigsten Zins zur Versorgung der Geschäftsbanken im Euroraum mit Zentralbankgeld zuletzt in zwei Schritten von 1,0 auf 1,5 Prozent angehoben.

Niedrige Zinsen machen Kredite billiger und sollen einen Anreiz für Unternehmen zu Investitionen geben. Außerdem soll so der Konsum angekurbelt werden - auch für Verbraucher werden Kredite billiger, gleichzeitig sinkt aber auch der Anreiz zum Sparen.

Die Zinssenkung birgt jedoch die Gefahr, dass die Inflation im Euro-Raum weiter steigt. Sie lag im vergangenen Monat bei 3,0 Prozent. Eigentlich ist die Notenbank darum bemüht, die Teuerungsrate knapp unter zwei Prozent zu halten. "Obwohl die Inflation erhöht geblieben ist und noch einige Monate über zwei Prozent verharren dürfte, wird die Inflationsrate im Laufe des Jahres 2012 voraussichtlich unter zwei Prozent sinken", erklärte Draghi.

Der Internationale Währungsfonds begrüßte "ausdrücklich" die unerwartete Leitzinssenkung. Die EZB-Entscheidung spiegele, "den nachlassenden Preisdruck und die zunehmend negativen Perspektiven für die Euro-Zone" wider, sagte ein IWF-Sprecher. Mehrere Bankenverbände zeigten sich überrascht, nannten die Entscheidung aber "verständlich".