Dezember 2011 Endspiel um den Euro

Stand: 02.01.2012 11:50 Uhr

Im Kampf gegen die Schuldenkrise in der Eurozone wächst der Druck auf Deutschland, Eurobonds und einer Freigabe des Aufkaufs neuer Staatsanleihen durch die EZB zuzustimmen. Die Bundesregierung drängt auf Änderungen der EU-Verträge hin zu einer Stabilitätsunion mit wirksamen Sanktionen gegen Defizitsünder.

01. Dezember 2011: Spanien und Frankreich leihen sich mit Hilfe neu ausgegebener Staatsanleihen problemlos Milliardensummen auf den Finanzmärkten, allerdings muss Spanien Rekordzinsen zahlen. Die Sparkassen müssen auf ihre Beteiligung an der Landesbank Berlin 850 Millionen Euro abschreiben, weil deren Bilanz durch die Wertverluste griechischer Staatsanleihen verhagelt wird. In Griechenland protestieren erneut Zehntausende gegen die Sparpläne der Regierung.

02. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Merkel dringt vor dem EU-Gipfel weiter auf eine Änderung der EU-Verträge. Nur mit einer abgestimmten Finanzpolitik und automatischen Sanktionen könne die Eurokrise überwunden werden, sagt sie in einer Regierungserklärung. Auch in Belgien kommt es zu massiven Protesten gegen die Sparpolitik der designierten Regierung. Der insolvente Druckmaschinenhersteller Manroland erhält einen Massekredit über zehn Millionen Euro. Die deutschen Autobauer blicken auf ein Rekordjahr zurück - befürchten aber wegen der Krise Einbußen im kommenden Jahr.

05. Dezember 2011: Bundeskanzlerin Merkel und der französische Präsident Sarkozy stellen ihre Pläne für automatische Sanktionen für Defizitsünder vor. Wenn es keine Einigung aller Mitgliedsstaaten auf entsprechende Änderungen aller EU-Verträge geben, könnten dies durch einen Vertrag unter den 17 Euro-Staaten vereinbart werden.

06. Dezember 2011: Die Ratingagentur Standard & Poor's droht 15 der 17 Euro-Länder und damit auch den sechs Staaten mit der Top-Kreditwürdigkeit "AAA" eine verschärfte Beobachtung an. Ihnen - und damit auch dem Rettungsschirm EFSF drohen damit eine Abstufung. Das griechische Parlament beschließt ein drastisches Sparprogramm. Irland stellt ein massives Sparpaket vor. Italien freut sich über sinkende Zinsen für seine Staatsanleihen.

07. Dezember 2011: Die Bundesregierung kündigt eine Neuauflage des Bankenrettungsfonds SoFFin an. Die Landesbank Helaba hat laut eigenen Angaben aus rein formalen Gründen den neuen europäischen Banken-Stresstest nicht bestanden. Der Weltluftfahrtverband IATA sagt den europäischen Fluglinien für 2012 einen Verlust von 600 Millionen Euro voraus - falls die Schuldenkrise nicht gelöst werde, könnten die Verluste in der Folge sogar auf 4,4 Milliarden Euro steigen. Für die Papierindustrie vereinbaren Arbeitgeber und die Gewerkschaft IG BCE eine Lohnerhöhung um drei Prozent zum Januar 2012.

08. Dezember 2011: Die Europäische Zentralbank senkt ihren Leitzins abermals um 0,25 Prozent. Beim Blitz-Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) fallen sechs deutsche Banken durch.

09. Dezember 2011: Die EU will die Schuldenkrise überwinden, indem sich die Eurozone und weitere Staaten neue Regeln geben, die nicht alle Staaten mittragen - vor allem Großbritannien nicht. Die Bundesbank senkt ihre Wachstumsprognose und rechnet nun für Deutschland nur noch mit einem Plus von 0,6 Prozent im kommenden Jahr.

10. Dezember 2011: Die Ratingagentur Standard & Poor's überprüft nun auch die Kreditwürdigkeit von 15 europäischen Versicherungen. Nach seinem Nein beim EU-Gipfel wächst die Kritik am britischen Premier Cameron.

11. Dezember 2011: Bundesfinanzminister Schäuble hofft, dass Großbritannien den EU-Vertragsänderungen doch noch zustimmt.

12. Dezember 2011: Aus Angst vor einer Pleite der schwedischen Swedbank räumen Kunden in Lettland ihre Konten. Auch nach dem EU-Gipfel ist keine Unterstützung aus Peking für die Rettungsprogramme zu erwarten. Statt dessen wollen chinesische Fonds in Europa gezielt investieren.

13. Dezember 2011: Die Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB muss Aktionäre, die auf Basis einer inhaltlich falschen Pressemitteilung Aktien der Bank kauften, für deren Verluste in der Finanzkrise grundsätzlich entschädigen. Das Sixpack tritt in Kraft - ein Gesetzespaket zur Verschärfung der Haushaltsdisziplin, das der EU-Kommission unter anderem mehr Mitsprache bei den nationalen Haushalten sichert. Sowohl der Rettungsfonds EFSF als auch das kriselnde Spanien können sich zu günstigen Konditionen mehrere Milliarden Euro an den Finanzmärkten leihen.

14. Dezember 2011: Deutschland und Italien können Anleihen über zusammen mehr als sieben Milliarden Euro platzieren - wenn auch zu höchst unterschiedlichen Zinssätzen. Regierung und Opposition streiten im Bundestag über die Bewertung der Beschlüsse des EU-Gipfels. Der Bankenrettungsfonds SoFFin, eigentlich vor einem Jahr geschlossen, soll reaktiviert werden.

15. Dezember 2011: Die Europäische Zentralbank befürchtet, dass die Euro-Schuldenkrise mehr und mehr die Konjunktur beeinträchtigt. Die russische Regierung ist nach Angaben von Präsident Medwedjew bereit, in der Eurokrise zu helfen - konkret wurde er aber nicht. Einer seiner Berater erklärte, Russland könne via IWF bis zu 20 Milliarden Dollar bereitstellen. Spanien kann bei einer Anleihen-Auktion rund doppelt so viele Kredite aufnehmen wie geplant - und das zu deutlich gesunkenen Zinsen. Die Ratingagentur Fitch senkt die Kreditwürdigkeit von fünf europäischen Banken um eine Stufe.

16. Dezember 2011: Fitch legt nach - und stuft unter anderem die Deutsche Bank ab. IWF-Chefin Lagarde sieht die Weltwirtschaft vor düsteren Zeiten. In Italien gewinnt Ministerpräsident Monti im Abgeordnetenhaus eine Vertrauensabstimmung, die er mit einem Ja zu seinem Sparpaket verknüpft.

17. Dezember 2011: Die Ratingagentur Moody's stuft die Bonität Belgiens herab.

19. Dezember 2011: Nach jahrelangem Überlebenskampf gibt der schwedische Autobauer Saab auf und stellt einen Insolvenzantrag. Der designierte Ministerpräsident Rajoy kündigt einen strikten Sparkurs für Spanien an. Großbritannien will offenbar auch bei der Aufstockung der IWF-Hilfen nicht mitmachen.

20. Dezember 2011: Die EU-Kommission besiegelt das Ende der WestLB. Trotz des Neins aus Großbritannien glaubt die EU weiter daran, dass sie dem IWF 200 Milliarden Euro zur Krisenbekämpfung bereitstellen kann. Britische Manager warnen in einem offenem Brief vor den wirtschaftlichen Folgen einer Isolation Großbritanniens innerhalb der EU.

21. Dezember 2011: Die EZB stützt das angeschlagene Bankwesen mit dreijährigen Krediten über fast 500 Milliarden Euro.

22. Dezember 2011: Die Ratingagentur Standard & Poor's stuft Ungarn auf Ramschniveau herab. Ein Streik gegen das Sparprogramm der neuen Regierung legt den Zugverkehr in Belgien weitgehend lahm. Der Weg für das Sparpaket des italienischen Regierungschefs Monti ist endgültig frei: Nach dem Abgeordnetenhaus stimmt auch der Senat mit großer Mehrheit zu.

23. Dezember 2011: Die von vielen befürchtete Kreditklemme ist für die deutsche Wirtschaft weiter kaum spürbar. Die Umsätze im Weihnachtsgeschäft liegen laut Einzelhandelsverband trotz Krise etwa auf dem Vorjahresniveau.

27. Dezember 2011: Die Banken haben rund 412 Milliarden Euro in der so genannten Vorsichtskasse der EZB geparkt - Rekordwert. Die Höhe der Einlagen gilt als Indikator für das Misstrauen der Banken untereinander. Die Schulden der öffentlichen Haushalte lagen im 3. Quartal 2011 rund zehn Milliarden Euro höher als im 2. Quartal dieses Jahres.

28. Dezember 2011: Gute Nachrichten für Italien: Der Zinssatz für sechsmonatige Staatsanleihen hat sich nach den Rekordwerten der vergangenen Wochen von 6,5 Prozent auf 3,25 Prozent halbiert.

29. Dezember 2011: Die Preise in Deutschland sind im zu Ende gehenden Jahr um durchschnittlich 2,3 Prozent gestiegen - und damit mehr als doppelt so stark wie noch im Vorjahr. Italien muss für die Aufnahme langfristiger Kredite weiterhin hohe Zinsen zahlen. Mit einem Reformpaket namens "Wachse Italien" will Ministerpräsident Monti die Wirtschaft ankurbeln und Investoren anlocken. Dänemark leiht sich problemlos Geld - Investoren sind sogar bereit, einen negativen Zins zu akzeptieren.

30. Dezember 2011: Das ungarische Parlament beschließt ein Gesetz, das den politischen Einfluss auf die Notenbank des Landes stärkt und sie teilweise entmachtet.