BIP wächst um 0,1 Prozent Nur noch ein Hauch von Wachstum

Stand: 16.08.2011 11:12 Uhr

Nach einem guten ersten Quartal hat sich das Wachstum in Deutschland deutlich abgeschwächt. Von April bis Juni legte das BIP laut Statistischem Bundesamt nur um 0,1 Prozent zu. Einer der Gründe: Die Importe seien kräftiger als die Exporte gestiegen. Auch in der Eurozone kühlte sich das Wachstum deutlich ab.

Der deutsche Aufschwung hat im zweiten Quartal deutlich an Schwung verloren. Das Bruttoinlandsprodukt wuchs von April bis Juni nur noch um 0,1 Prozent im Vergleich zum ersten Vierteljahr, teilte das Statistische Bundesamt mit. Details will die Behörde am 1. September nennen. "Das ist das langsamste Wachstum seit Jahresbeginn 2009, als die Finanzkrise ihren Höhepunkt erreichte", sagte ein Statistiker.

Vor allem die privaten Konsumausgaben und die Bauinvestitionen hätten die deutsche Wirtschaft im zweiten Vierteljahr gebremst, hieß es weiter. Weil die Importe schneller stiegen als die Exporte, seien auch vom Außenhandel negative Impulse gekommen. Dagegen seien Investitionen der Unternehmen angezogen und hielten die Wirtschaft auf Wachstumskurs. Das Wachstum für das erste Quartal korrigierten die Statistiker gleichzeitig von 1,5 auf 1,3 Prozent nach unten.

Im Vergleich zum Vorjahresquartal jedoch legte das BIP deutlich zu. Preisbereinigt stieg es im zweiten Quartal 2011 gegenüber dem zweiten Quartal 2010 um 2,8 Prozent.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler forderte weitere Reformen. Deutschland brauche jetzt "klare politische Signale zur Verstetigung des Wachstums". Die auf den ersten Blick schwache Entwicklung habe innerhalb der Erwartungen gelegen. Sie sei auch ein Reflex auf das nach wie vor außerordentlich positive erste Quartal.

Experten prognostizieren Wachstum von mehr als drei Prozent

Volkswirte hatten zwar mit einem schwächeren Wachstum als im ersten Vierteljahr gerechnet, aber doch noch im Schnitt 0,5 Prozent erwartet.

Dass die Entwicklung nun deutlich schwächer ausfiel, begründete Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), mit der Entwicklung des privaten Konsums: Der sei trotz guter Rahmenbedingungen wie eines hohen Beschäftigungsstands und steigender Löhne wohl schwach gewesen.

Eine weitere Ursache sieht Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer nach eigenen Worten in der ungewöhnlich milden Witterung im ersten Quartal, wegen der die Bautätigkeit zulasten des zweiten Quartals vorverlegt worden war. Ohne diesen Effekt wäre das BIP laut Commerzbank-Berechnungen um 0,4 Prozent gewachsen.

Die meisten Institute hatten in diesem Jahr bislang ein Gesamtwachstum von mehr als drei Prozent für möglich gehalten. Das arbeitgebernahe Forschungsinstitut IW bekräftigte erst zu Wochenbeginn seine Prognose von 3,5 Prozent und geht für 2012 von 2,25 Prozent aus.

Stichwort

Als klassischer Präsenzindikator gilt das monatlich gemessene Bruttoinlandsprodukt (BIP). Es gibt die Gesamtleistung einer Volkswirtschaft an und misst dafür den Wert aller im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen. Im Gegensatz zum Bruttosozialprodukt (BSP) spielt es bei der Berechnung des BIP keine Rolle, ob eine Leistung von Inländern oder Ausländern erbracht wurde. Schwankungen und Trends des Bruttoinlandsproduktes geben gute Hinweise auf den Verlauf der Konjunktur.

Abkühlung auch in Eurozone

Die lahmende deutsche Wirtschaft wirkte sich auch auf das Wachstum in der Eurozone aus. Im zweiten Quartal legte das BIP in den 17 Euro-Ländern laut Eurostat im Vergleich zum Vorquartal nur um 0,2 Prozent zu. Am besten schnitten Estland (1,8 Prozent), Finnland (1,2 Prozent) und Österreich (1,0 Prozent) ab. Zu Jahresbeginn hatte der Aufschwung noch 0,8 Prozent betragen.

Auch in anderen führenden Industriestaaten hatte sich das Wachstum im Frühjahr merklich abgekühlt. Die weltgrößte Volkswirtschaft USA schaffte ein Plus von rund 0,3 Prozent, während die japanische Wirtschaft sogar um 0,3 Prozent schrumpfte. In Frankreich, dem wichtigsten deutschen Handelspartner, stagnierte die Wirtschaft.