Die Küste der Krim bei Sewastopol

AfD-Politiker beim Jalta-Forum Propagandareise ans Schwarze Meer

Stand: 18.04.2019 09:49 Uhr

Auf der Krim beginnt heute das Jalta-Forum: eine russische Propagandaveranstaltung, um Investitionen auf der annektierten Halbinsel anzukurbeln. Eingeladen sind auch AfD-Abgeordnete.

Ein prämiertes Luxus-Hotel am Schwarzen Meer, für jeden Teilnehmer ein Delegationsmanager, neben Paneldiskussionen ein attraktives Rahmenprogramm mit Segelregatta sowie einheimische Winzer als Wein- und Chamgagner-Partner: Das "Yalta International Economic Forum" auf der Krim bietet einiges auf, um möglichst hochkarätige Politiker und Unternehmer anzulocken.

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Die Teilnehmer werden in diesem Luxushotel untergebracht.

Dies gilt besonders im fünften Jahr der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel, in dem auch das Wirtschaftsforum zum fünften Mal stattfindet. So hatte das Organisationskomitee auf die Teilnahme von Syriens Machthaber Baschar al-Assad gehofft. Zumindest hatte der Präsident bei einem Treffen mit Krim-Vertretern im November eine vage Zusage gemacht. Auch wenn er nicht kommt, werden die Teilnehmer aus Syrien in diesem Jahr neben Frankreich Ehrengäste sein.

Ehrengäste von der AfD

2018 wurden die Vertreter aus Österreich und Deutschland auf diese Weise geehrt. Dabei war die AfD nach eigenen Angaben mit vier Bundestagsabgeordneten, einem Abgeordneten aus dem Berliner Landesparlament und dem Vorsitzenden der Vereinigung der Russlanddeutschen in der AfD NRW vertreten. Alle Abgeordneten seien als Privatpersonen auf die Krim gekommen, hieß es.

Der Bundestagsabgeordnete Markus Frohnmaier hatte demnach "als Ehrengast bei der Eröffnung des Forums eine kurze Rede gehalten". Auf der Homepage des Jalta-Forums findet sich Frohnmaier sogar als Mitglied des Organisationskomitees - und zwar nicht als Privatperson, sondern als "Deputy of the Bundestag". Doch AfD-Fraktionssprecher Christian Lüth betont, dass sich Frohnmaier angeblich dagegen wehre, Mitglied dieses Gremiums zu sein.

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Die "private" AfD-Delegation beim Jalta-Forum 2018.

Auftritt als Mitglied des Bundestags

Zuvor hatte Frohnmaier offenkundig keine Probleme mit seiner Einbindung in das Wirtschaftstreffen, das Angaben auf der Homepage des Forums zufolge von der Regierung der "Republik Krim" und dem Fonds des Internationalen Wirtschaftsforums Jalta mit Unterstützung der Administration des russischen Präsidenten finanziert wird.

Dass die Teilnahme offenkundig nicht ganz privat war, legt auch der Auftritt Frohnmaiers bei einer Vorab-Pressekonferenz des Wirtschaftsforums nahe, wo er ausdrücklich als Mitglied des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung aufgetreten und dort die Positionen der AfD vertreten habe, wie er am 11. April 2018 auf Facebook schrieb. Und weiter: "Uns ist besonders wichtig, dass die Sanktionspolitik gegen Russland gestoppt" werde.

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Pressekonferenz als Mitglied des Bundestags: der Abgeordnete Frohnmaier

Von Russland bezahlte Reise

Gegenüber der "Bild"-Zeitung hatte Frohnmaier zudem in Jalta offen erklärt, dass er für die Bezahlung der Reise nicht selber aufkommen musste: "Ja, die Kosten werden übernommen.". Er sei "aber privat hier". Auch der russlanddeutsche Abgeordnete Herdt rechtfertigte seinen Trip auf Kreml-Kosten demnach mit dem "privaten Charakter" der Reise.

Erst kürzlich war Frohnmaier in die Schlagzeilen geraten, als der "Spiegel" aus einem russischen Strategiepapier zitierte. Darin hatte es über den AfD-Abgeordneten geheißen, er könne ein "unter absoluter Kontrolle stehender Abgeordneter" sein.

Markus Frohnmaier

Der AfD-Abgeordnete Markus Frohnmaier war Sprecher von Alice Weidel und ist Mitglied des Bundestags.

Frohnmaier dieses Jahr nicht dabei

In diesem Jahr ist Frohnmaier jedoch nicht wieder auf der Krim, erklärt AfD-Sprecher Lüdt, sondern in seinem Wahlkreis unterwegs. Als einziger Abgeordneter wird demnach Waldemar Herdt anwesend sein - zumindest die AfD-Bundestagsfraktion betreffend.

Möglicherweise wird Herdt auf der annektierten Krim aber noch Parteikollegen treffen. Gunnar Lindemann, AfD-Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, erklärte auf die Anfrage, ob er an der Konferenz teilnehme: "Ich befinde mich derzeit privat in Russland und besuche meine Freunde." Auf Facebook veröffentlichte Lindemann ein Video aus Jalta, in dem er ankündigte, es werde in den anstehenden Gesprächen um die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland gehe. Er forderte zudem ein Ende der Sanktionen gegen Russland.

Auf einer Liste mit angeblich eingeladenen Politikern und Unternehmern aus Deutschland, die tagesschau.de vorliegt, finden sich viele weitere Namen, vor allem AfD-Funktionäre. Mehrere davon reagierten nicht auf die Frage, ob sie an dem Treffen auf der Krim teilnehmen werden. Andere antworteten, sie hätten abgesagt. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Öhme könne seine Einladung, die er Anfang April erhalten hatte, nicht wahrnehmen. Er hätte seine Teilnahme sonst mit seiner "parteiübergreifenden Dialogoffensive" mit Russland im Europarat verbunden, ergänzte Öhme.

"Eine neue Realität"

AfD-Politiker Matthias Gellner vom Mittelstandsforum NRW schrieb, er habe seine Teilnahme wegen kurzfristiger Termine absagen müssen. Gellner hatte nach eigenen Angaben eine vom 11. März datierte Einladung zu dem russischen Forum erhalten. Darin wird gleich im ersten Satz betont, das Treffen werde mit der Unterstützung der Administration des russischen Präsidenten veranstaltet. Das Hauptthema laute: "Welt. Russland. Krim. Eine neue weltweite Realität".

Um diese "neue Realität" zu verbreiten, führt das Jalta-Forum als Medienpartner russische Staatssender auf, das syrische Staatsfernsehen und die staatliche Nachrichtenagentur Sana sowie aus Venezuela den TV-Sender Telesur, der von der Regierung des Landes unterstützt wird. Aus dem Libanon wird Al Mayadeen als Partner aufgelistet - ein Sender, der als prosyrisch und Hisbollah-freundlich gilt.

Ukraine protestiert

Es geht bei dem Forum also darum, Business-Möglichkeiten zu präsentieren und die Krim als festen Bestandteil Russlands darzustellen. Genau aus diesem Grunde hatten die USA das Konferenzhotel Mriya Resort am Ufer des Schwarzen Meers auf ihre Sanktionensliste gesetzt. Und die Ukraine protestierte bei der Bundesregierung gegen die Teilnahme von deutschen Politikern an der Konferenz auf der von Russland annektierten Halbinsel.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 18. April 2019 um 09:48 Uhr.