Menschen stehen um einem Stand mit Büchern

Ukrainer bei der Buchmesse Bücher, die vom Widerstand erzählen

Stand: 23.03.2024 15:45 Uhr

Kultur sei auch in Kriegszeiten wichtig, sagen ukrainische Kulturschaffende auf der Leipziger Buchmesse. Am Messestand der Ukraine gibt es eine breite Auswahl an Literatur und Themen.

Von Kristine Harthauer, SWR

Die neuen heftigen Angriffe Russlands auf die ukrainische Hauptstadt Kiew verfolgen die Menschen am Messestand der Ukraine in Leipzig mit großer Sorge. Der Krieg ist auch bei der Buchmesse Thema.

Seit Wochen habe es keine derart heftigen Angriffe gegeben, sagt Yulia Kozlovets. Sie leitet in Kiew den renommierten Kultur- und Museumskomplex Mystezkyj Arsenal. Und sie veranstaltet trotz des Kriegs weiterhin die Kiewer Buchmesse mit: "Die Lage im Land ist schwierig. Aber wir machen weiter, das ist unsere Form des Widerstandes."

Literatur in Zeiten des Krieges

Zusammen mit dem Goethe-Institut Ukraine und dem Ukrainischen Institut in Berlin betreuen sie den Nationalstand der Ukraine auf der Leipziger Buchmesse. Von weitem gut sichtbar lockt ein Banner mit einer blau-gelben Sonnenblume die Messebesucher an den Stand. Ukrainische Bücher in deutscher und ukrainischer Sprache laden zum Stöbern ein.

Ukrainische Literatur und Kultur seien auch in Kriegszeiten wichtig, sagt Kozlovets: "Wenn die Nachrichten über den Krieg bei den Menschen nicht mehr ankommen, müssen wir den Fokus auf die Kultur legen." Kultur sei das, was bei den Menschen hängen bleibe: Bücher, Gedichte, Ausstellungen. "Wie hier auf der Leipziger Buchmesse. Hier ist es möglich, unsere Geschichten zu erzählen und das in einer Sprache, die alle verstehen."

Tagebücher und Gedichte auf Social Media

Druckfrische Bücher haben die Veranstalter aus der Ukraine nach Leipzig mitgebracht. Und Werke, die gerade in deutscher Übersetzung erschienen sind - darunter Tagebücher oder Gedichtbände. Denn in den ersten Monaten des russischen Angriffskrieges konnten viele ukrainische Autorinnen und Autoren nur auf Social Media über den Krieg schreiben.

Wie zum Beispiel Serhij Zhadan, der auf Facebook täglich über die russischen Angriffe auf Charkiw, die Flucht in den Bunker und die Unterstützung der Armee berichtet. Seine Tagebucheinträge sind in dem Band "Himmel über Charkiw" in Deutschland erschienen.

Der Krieg und das Leben

Auf der Buchmesse in Leipzig präsentiert der Nationalstand der Ukraine eine breite Auswahl an Literatur und Themen. Das Besondere: Viele Bücher erzählen vom Widerstand, aber nicht alle handeln vom Krieg.

Die ukrainische Kultur habe viel mehr zu bieten, sagt Kateryna Rietz-Rakul, die Leiterin des Ukrainischen Instituts in Berlin: "Trotz des Krieges geht das Leben weiter, es gibt in der Ukraine Buchmessen, Ausstellungen, es kommen neue Bücher heraus, es gibt Bookdesign-Awards." Es werde weiterhin geschrieben, gestaltet und gelebt. Dass man sich nicht unterkriegen lasse, sei auch eine Form des Widerstandes.

Sorge um weitere Unterstützung der Ukraine

Der Nationalstand der Ukraine wird nicht nur von der Leipziger Buchmesse unterstützt. Auch die Stadt Leipzig, deren Partnerstadt Kiew ist, gibt finanzielle Förderung.

Das sei ein gutes Signal, sagt Fabian Mühlthaler, Leiter des Goethe-Instituts Ukraine. Aber ihm sei auch klar: Ein ukrainisches Programm sei wichtig, aber gewinne nicht den Krieg. Auch wenn es eine Unterstützung für solche Programme wie den Ukraine-Stand gebe, sei die Sorge weiterhin berechtigt, "dass dieser Widerstandskampf der Ukrainer und Ukrainerinnen ein bisschen in den Hintergrund tritt", so Mühlthaler.

"Wenn man jetzt auch verschiedene politische Stimmen hört, die doch fordern, dass man mit den Waffenlieferungen etwas vorsichtiger sein soll, es kursiert das Wort vom Einfrieren des Konflikts. Das sieht man in der Ukraine mit sehr, sehr großer Sorge und auch Ablehnung." Er könne diese Sorge und auch diese Ablehnung verstehen, sagt Mühlthaler.

Immerhin eine Sorge müssen die Veranstalter nicht haben: Die Ukraine wird nicht vergessen, zumindest nicht auf der Leipziger Buchmesse.

Kristine Harthauer, SWR, tagesschau, 22.03.2024 17:56 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 22. März 2024 um 23:10 Uhr.