Angela Merkel und Horst Seehofer

Asylstreit in der Union Ende des "Zwergenaufstands"?

Stand: 30.06.2018 07:13 Uhr

Mehr Abschottung nach außen, dafür weiterhin offene Binnengrenzen - die CDU ist zufrieden mit den Ergebnissen des EU-Gipfels. Bei der CSU sehen aber einige den Asylstreit noch nicht völlig erledigt.

Im Asylstreit der Unionsparteien schart sich die CDU nach dem EU-Gipfel um ihre Vorsitzende, Kanzlerin Angela Merkel. Aus der CSU kommen dagegen unterschiedliche Signale.

So pocht CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt weiter auf nationale Maßnahmen. Der Europäische Rat habe den Kurs der CSU bestätigt, "europäische Lösungen und nationale Maßnahmen zu verbinden", sagte Dobrindt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir sind bereit das aufzugreifen, und halten nationale Maßnahmen weiter für notwendig."

Der CSU-Vizevorsitzende Manfred Weber dagegen lobte Merkel ausdrücklich. "Europa hat mit diesem Gipfel die Wende in der Asylpolitik eingeleitet", sagte er im tagesthemen-Interview. "Wir sind mit diesen Beschlüssen in der Lage, die Außengrenzen zu sichern." Das würden die Bürger von der Politik erwarten.

Der Fraktionschef der konservativen Europäischen Volkspartei zeigte sich zuversichtlich, dass der Asylstreit in der Union beendet werden könne, schränkte allerdings ein: "Der Teufel liegt wie immer im Detail." Zunächst gebe es vor allem Absichtserklärungen. Diese müssten nun in konkrete Vereinbarungen münden. Und wenn Bundesinnenminister Horst Seehofer da weiter Druck mache, dann sei das auch in Ordnung, so Weber.

Für die CDU ist der Streit beendet

Die CDU sieht dagegen keinen Anlass mehr für den Streit. Die Ergebnisse des EU-Gipfels seien absolut ausreichend, um in der Union wieder zusammenzukommen, sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Nun werde auch die Migration innerhalb der EU endlich in den Fokus genommen. Daher gebe es "überhaupt keinen Grund für nationale Alleingänge".

Günther gab der CSU die Schuld am Asylstreit. Es sei ein "großes Ärgernis", dass sie abweichend vom Koalitionsvertrag neue Forderungen zur Bewältigung der Migration erhoben habe. So könne es in einer Koalition nicht laufen, sagte Günther.

Auch Unionsfraktionschef Volker Kauder lobte die Vereinbarungen des Gipfels. Ein solches Ergebnis sei vor Wochen nicht zu erwarten gewesen, sagte er der "Rheinischen Post", ohne aber auf den Machtkampf zwischen CDU und CSU näher einzugehen.

Bei dem Unionsstreit geht es um Seehofers Plan, ab nächster Woche Migranten an der Grenze abzuweisen, wenn sie bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Merkel hatte einen nationalen Alleingang dabei abgelehnt und auf eine europäische Lösung gepocht.

"Die CSU ist krachend gescheitert"

Aus Sicht der FDP hat der Gipfel dagegen nur "luftige Ankündigungen" gebracht. Die CSU sei "krachend gescheitert" mit dem Versuch, mittels Drohungen eine echte Wende in der Migrationspolitik herbeizuführen, sagte Parteichef Christian Lindner der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Grünen-Chefin Annalena Baerbock wies darauf hin, dass selbst Österreichs Kanzler Sebastian Kurz - ein Befürworter harter Migrationspolitik - beim Gipfel deutlich gemacht habe, dass es keine einseitigen Grenzschließungen geben dürfe. "Der Zwergenaufstand der CSU ist abgeblasen", sagte sie der "Passauer Neuen Presse".

In der Tat hob Kurz die Bedeutung offener Binnengrenzen hervor. "Klar ist, dass unser Ziel weiterhin eine gemeinsame europäische Lösung ist mit einem ordentlichen Schutz der Außengrenzen und Zentren in Drittstaaten. Damit können wir auch ein Europa ohne Grenzen nach innen erhalten", sagte er der "Bild". Im ARD-Europamagazin warnte Kurz, die Schließung von Deutschlands Grenzen zu Österreich würde zu einer Kettenreaktion führen. "Wir würden natürlich im Gleichklang mit Deutschland agieren. Auch, um unser Land zu schützen. Um sicherzustellen, dass es hier zu keinen Nachteilen für Österreich kommt. Und das würde natürlich eine Dynamik in ganz Europa auslösen."

EU-Einigung auch unter dem Druck der Regierungskrise

Die Staats-und Regierungschefs hatten sich in Brüssel - auch unter dem Druck der deutschen Regierungskrise - auf eine verschärfte Migrationspolitik geeinigt: Die EU-Außengrenzen sollen stärker abgeriegelt und Bootsflüchtlinge in zentralen Sammellagern in der EU untergebracht werden. Die einzelnen Mitgliedstaaten bekamen im Grunde freie Hand für nationale Maßnahmen, um Weiterreisen registrierter Migranten innerhalb der EU zu unterbinden, sollen aber "dabei eng zusammenarbeiten".

Am Sonntag wollen die Parteigremien von CDU und CSU die Ergebnisse des Gipfels in getrennten Sitzungen beraten. Dann wird mit Entscheidungen im Asylstreit gerechnet.