Konfrontationskurs zur EU Der Europarat als Brückenbauer?

Stand: 07.09.2016 04:04 Uhr

Es kriselt zwischen der EU und der Türkei: Die EU fordert Veränderungen, die Türkei mauert. Nun soll der Europarat als eine Art Schlichter fungieren. Ob das Konzept aufgeht, könnte sich schon heute abzeichnen - beim Besuch des türkischen Außenministers Cavusoglu in Straßburg.

Der Graben, der sich zwischen der EU und der Türkei aufgetan hat in den Wochen nach dem vereitelten Militärputsch, ist unbestritten nach wie vor tief. Noch ist nicht ausgemacht, ob eine von beiden Seiten unabhängige Organisation - der Europarat nämlich - sozusagen als Brücke fungieren kann, die letztlich die tiefe Kluft zu überwinden hilft. Der in Straßburg beheimatete Europarat hat, anders als der Name vermuten lässt, mit den EU-Institutionen überhaupt nichts zu tun. Und könnte vielleicht gerade deshalb als eine Art "ehrlicher Makler" wirken.

Heute ist in Straßburg der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu zu Gast - nach den Worten des Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier, "um über die noch offene Frage zu reden, ob es eine Rolle des Europarates bei der Vorbereitung der strafrechtlichen Verfahren geben wird."

Rechtstaatlichkeit als größtes Streitthema

Mit den "strafrechtlichen Verfahren" sind die Prozesse gegen die mutmaßlichen Putschisten gemeint. Der türkische Europaminister Ömer Celik hatte am Wochenende beim Treffen mit den EU-Außenministern zwar betont, dass er sein Land für eine "Demokratie erster Klasse" hält, das hätten die Bürgerinnen und Bürger ja mit der Niederschlagung des Armee-Coups bewiesen. Doch auf EU-Seite gibt es nach wie vor Sorgen, dass die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der Aufarbeitung des Putsches über's Ziel hinausschießt.  

"Wir wollen diplomatisch-politisch wieder auf ein normales Gleis kommen, können aber nicht die Augen zumachen, was die Rechtstaatlichkeit angeht", betont Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Nun wird es allgemein schon mal als gutes Zeichen gewertet, dass die Türkei überhaupt bereit zu sein scheint, bei den anstehenden Verfahren mit dem Europarat zusammenzuarbeiten. Also einer Institution, die sich der "Festigung des Friedens" und der "Wahrung der Menschenrechte" verschrieben hat.

Dabei werde es zwar künftig nicht darum gehen, "sich in die Gerichtssäle zu setzen und Prozessbeobachter zu spielen", wie Europarats-Sprecher Daniel Höltgen auf Nachfrage der ARD erläutert. Es sei aber wichtig, dass der Dialog über die Rechtsstaatlichkeit mit der Türkei weitergehe.

Anti-Terror-Gesetze ändern? "Nicht nachvollziehbar!"

Auch was die so umstrittene Anti-Terror-Gesetzgebung betrifft, könnte der Europarat hier bald noch eine wichtige Rolle spielen. Auch wenn der türkische Europaminister Celik unlängst klargestellt hatte: "Wir sind ein Land, das eine 1295 Kilometer lange Grenze mit dem Irak und Syrien teilt. Täglich haben wir es mit Terrorangriffen von Seiten des 'Islamischen Staates', der PKK oder anderen zu tun." In so einem Umfeld sei es schlicht "nicht nachvollziehbar", von der Türkei zu verlangen, ihre Anti-Terror-Gesetze zu ändern.

Trotz dieser unmissverständlichen Worte: Es war der türkische EU-Minister selbst, der Andeutungen machte, man könne mit dem Europarat durchaus ins Geschäft kommen, wenn es um die Anti-Terror-Gesetze gehe. Auch wenn sich das alles noch sehr vage anhört - als Brücke zu wirken, über die zwei fremdelnde Partner - die EU und die Türkei - wieder zueinander finden, dürfte dem Europarat durchaus gefallen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete auch Deutschlandfunk am 07. September 2016 um 05:21 Uhr