Angehörige der Nationalgarede in Minneapolis
Hintergrund

Die US-Nationalgarde Krawalle, Katastrophenschutz und Krieg

Stand: 31.05.2020 16:12 Uhr

In Minneapolis und anderen US-Städten ist wegen der Ausschreitungen die Nationalgarde im Einsatz. Mit deutschen Reservisten kann man die Gardisten nicht vergleichen. Wer befehligt sie und wie ist deren Einsatz geregelt?

Die Nationalgarde gehört zur militärischen Reserve der USA. Alle Bundesstaaten, Territorien und der District of Columbia unterhalten eigene Verbände - insgesamt zählen nach eigenen Angaben fast 450.000 Menschen zur Nationalgarde. Es gibt sowohl Heeres- als auch Luftwaffeneinheiten in eigenen Stützpunkten. Minnesota verfügt über etwa 13.000 Gardisten.

Die Mitglieder der Nationalgarde sind Freiwillige, die meist einen regulären zivilen Beruf ausüben. Lange warb die Nationalgarde mit dem Slogan "Zwei Tage im Monat, zwei Wochen im Jahr" um Rekruten. Für junge Menschen kann ein Dienst in der Nationalgarde auch ein Weg sein, um sich die Universitätsausbildung finanzieren zu lassen.

Katastrophen- und Terrorabwehr

Als Milizen der US-Bundesstaaten können Nationalgardisten eigenständig von den Gouverneuren eingesetzt werden: zum Beispiel nach Naturkatastrophen wie Hurrikans, Überflutungen und Waldbränden oder nach menschengemachten Katastrophen wie Terroranschlägen, für Sicherheitsmaßnahmen im "Krieg gegen den Terror" oder größeren Unruhen, die von der Polizei nicht kontrolliert werden können.

Dies ist eine klare Abgrenzung von der regulären Armee, die unter dem Kommando des Präsidenten steht. Allerdings kann auch er die Nationalgarde aktivieren. So wurden nach den Verwüstungen von Hurrikan "Katrina" mehr als 40.000 Gardisten aus den gesamten USA an die Golfküste verlegt. Bei derartigen Einsätzen übernimmt der Bund die Kosten des Einsatzes.

Rund um das Kapitol in St. Paul sind Nationalgardisten in Stellung gegangen.

Szenerie der Abschreckung in St. Paul: Nationalgardisten haben zwischen ihren gepanzerten Fahrzeugen Stellung bezogen.

Die Nationalgarde im Krieg

Die Nationalgarde wird allerdings nicht nur in den USA, sondern auch in Kriegen und Konflikten im Ausland eingesetzt. So kämpften im 1. Weltkrieg 18 Divisionen in Europa, während des 2. Weltkrieges wurden 19 Divisionen in Europa und im Pazifikkrieg eingesetzt. 2005 waren kurzzeitig mehr Einheiten der Nationalgarde im Irak eingesetzt als Kampfeinheiten des regulären Heeres.

Dies wurde dadurch begünstigt, dass US-Präsident George W. Bush im selben Jahr die maximale Einsatzdauer auf zwei Jahre verlängert hatte. Zuvor war es nur ein halbes Jahr gewesen.

Ausnahme - Vietnam

Historisch bezieht sich die Nationalgarde auf die Milizen in die US-Kolonialzeit. Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein unterhielt der Bund selbst nur minimale eigene Streitkräfte. Die Einzelstaaten vertrauten auf ihre eigenen Milizionäre, auch weil sie die starke Rolle des Bundes ablehnten. Inzwischen hat dieses Misstrauen abgenommen und die reguläre Armee hat einen bedeuteten Stellenwert.

Die Nationalgarde spielt dennoch auch bei den Überlegungen der Regierung in Washington eine zentrale Rolle. So verzichteten die Präsidenten Lyndon B. Johnson und Richard Nixon darauf, die Nationalgarde für den Vietnamkrieg zu mobilisieren. So sollte der Anschein gewahrt bleiben, dass dort kein regulärer Krieg tobte.