Eine Europafahne weht vor dem Elizabeth Tower in London.

Zollbetrug in Großbritannien EU-Ermittler fordern zwei Milliarden von London

Stand: 08.03.2017 15:11 Uhr

Wegen eines massiven Zollbetrugs schuldet Großbritannien nach Einschätzung der europäischen Betrugsbehörde OLAF der EU fast zwei Milliarden Euro. Die Behörde empfahl der EU-Kommission, den Betrag von der britischen Regierung zurückzufordern.

Großbritannien soll fast zwei Milliarden Euro an entgangenen Zöllen an die Europäische Union zahlen. Diese Empfehlung gab die EU-Ermittlungsbehörde OLAF ab. Hintergrund ist nach Darstellung der Behörde breit angelegter Zollbetrug mit Schuhen und Kleidung aus China, die in das Vereinigte Königreich eingeführt wurden. OLAF wirft dem britischen Zoll vor, über Jahre nichts dagegen unternommen zu haben, dass die Waren stark unter Wert in die EU importiert wurden.

Mit "fiktiven und falschen Rechnungen" sowie "inkorrekten Zollwerterklärungen" seien zwischen 2013 und 2016 die chinesischen Produkte über das Vereinigte Königreich importiert worden. OLAF zufolge ist der Betrug über Großbritannien bis heute nicht gestoppt.

Zollverluste von fast 650 Millionen Euro

Großbritannien soll es versäumt zu haben, gegen betrügerische Netzwerke im Land zu ermitteln. Getroffene Maßnahmen "scheinen den Handel nicht einzuschränken", ergänzte die Behörde. Allein im vergangenen Jahr sei das Vereinigte Königreich für Zollverluste für den EU-Haushalt in Höhe von fast 650 Millionen Euro verantwortlich gewesen. Insgesamt bezifferte die Behörde das Minus im Budget 2016 auf fast 820 Millionen Euro.

Ein Sprecher von Premierministerin Theresa May gab an, die Zahlen würden "derzeit geprüft". Die Angaben der Betrugsbehörde stellten jedoch "keine Rechnung" dar, sondern seien lediglich eine "Schätzung". Der britische Zoll nehme jedoch alle Behauptungen über Betrug ernst und ermittle sorgfältig.

Ausfälle bei den Mehrwertsteuereinnahmen

Das Minus bei den Zolleinnahmen berechnete die Behörde auf Basis eines Durchschnittspreises. Wird dieser um mehr als 50 Prozent unterschritten, gilt die Ware als "unterbewertet". In China produzierte Hosen für Frauen wurden demnach zwischen 2013 und 2016 mit einem Durchschnittspreis von 0,91 Euro pro Kilogramm über Großbritannien in die EU importiert. Der Durchschnittspreis für Baumwolle auf dem Weltmarkt lag in dem Zeitraum aber bei 1,44 Euro pro Kilogramm. Der sich daraus ergebende Mittelwert in der EU hätte demnach bei 26,09 Euro pro Kilogramm liegen müssen, wie OLAF angab.

Die Betrüger seien organisierte Verbrechergruppen, die über kriminelle Netzwerke in der EU aktiv seien, hieß es. Den Angaben zufolge waren die Produkte für den Schwarzmarkthandel in anderen Mitgliedstaaten der EU bestimmt. Dadurch sei zusätzlich ein großer Verlust von Mehrwertsteuereinnahmen in den Mitgliedstaaten entstanden, wo die Waren verkauft wurden. Über die Rückforderungen der entgangenen Zölle muss nun die EU-Kommission entscheiden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 08. März 2017 um 12:13 Uhr