Rettung der Kumpel in Chile "Chi, Chi, Chi, Le, Le, Le!"

Stand: 13.10.2010 12:09 Uhr

Rettung nach mehr als zwei Monaten: In Chile haben die ersten der 33 verschütteten Bergleute die Oberfläche erreicht. Mit einer Kapsel wurden sie durch einen engen Schacht aus der Tiefe gezogen. Die Kumpel feierten ihre Befreiung ausgelassen, mit dem traditionellen Fußballschlachtruf "Chi, Chi, Chi, Le, Le, Le" wurden sie von ihren Angehörigen empfangen.

In Chile ist die Rettungsaktion für die 33 verschütteten Bergleute erfolgreich angelaufen. Nach 69 Tagen unter Tage sind die ersten Bergleute an die Erdoberfläche zurückgekehrt. Mit dem traditionellen Fußballschlachtruf "Chi! Chi! Chi! Le! Le! Le!" wurden sie von ihren Angehörigen und Freunden empfangen - eine wahre Freudenexplosion nach den Wochen der Anspannung im Lager Esperanza an der Mine San José.

Die geretteten Männer wurden nach kurzer Begrüßung und Umarmungen auf Tragen zur medizinischen Untersuchung ins Feldlazarett abtransportiert. Ihre Augen waren mit Sonnenbrillen geschützt.

"Unser erster Bergarbeiter ist bei uns"

Die letzte Phase der Rettung hatte um kurz nach Mitternacht Ortszeit (kurz nach fünf Uhr morgens MESZ) begonnen. Als erster entstieg der 31-jährige Florencio Ávalos dem eisernen Rettungskäfig und wurde mit Jubel an der Erdoberfläche empfangen. Rund 800 Angehörige und Freunde der Kumpel beobachteten vor Ort die spektakuläre Rettung, die von Medien in aller Welt live übertragen wurde. Auch der chilenische Präsident Sebastián Piñera wartete am Rettungschacht. "Unser erster Bergarbeiter ist bei uns". Das hat den chilenischen Traum erfüllt", sagte er in einer ersten Reaktion. Die Rettung werde ohne Pause weitergehen, versprach er.

Kurze Zeit darauf wurde auch der zweite Kumpel geborgen. Am Ausgangsschacht nahm Mario Sepúlveda seine Frau überglücklich in die Arme. Danach sorgte der Elektriker für Heiterkeit, als er Gesteinsbrocken an die Einsatzkräfte und Staatschef Piñera verteilte, die er in der engen Rettungskapsel an die Erdoberfläche transportiert hatte. "Es lebe Chile, Scheiße!", schrie Sepúlveda seine Freude heraus. Dann hüpfte der 40-Jährige strahlend an den Rettungskräften vorbei und schüttelte ihnen die Hände. Sepúlveda hatte es unter Tage als "Reporter" und Spaßvogel zu internationalem Ruhm gebracht. Mit viel Humor und schneller Zunge berichtete er vom harten Leben in dem feucht-heißen Verlies in etwa 700 Metern Tiefe. Seine Auftritte beendete er gerne mit dem Spruch: "Ich gebe zurück in die Sendezentrale."

Mario Sepulveda

Mario Sepulveda erreicht als zweiter die Oberfläche. Er feierte seine Rettung ausgelassen.

Mit einem breiten Lächeln im Gesicht entstieg kurz darauf der 52-jährige Juan Illanes als dritter der Rettungskapsel. Ihm folgte der 23-jährige Bolivianer Carlos Mamani. Er ist der einzige Nichtchilene unter den 33 Bergleuten. Der jüngste der Gruppe, der 19-jährige Jimmy Sánchez, unternahm als fünfter die 622 Meter lange Fahrt aus dem Schacht und wurde von seinem Vater begrüßt. Als sechster Kumpel kam Osman Araya zurück an die Oberfläche. Der vierfache Familienvater hatte erst seit vier Monaten in der Mine gearbeitet. Der Diabetiker hatte die erste Überlebensbotschaft aus der Tiefe geschrieben. Zurück in Freiheit weinte er und drückte seine Frau lange und fest. Rund acht Stunden nach dem ersten Bergarbeiter kamen dann der achte, neunte, zehnte und elfte Kumpel ans Tageslicht.

Zu Beginn der Rettungsaktion brachten Angehörige und auch die rund 1600 Journalisten aus aller Welt das Lager Esperanza mit Jubelschreien, Hochrufen, Beifall und Freudenausbrüchen zum Beben. Sirenen heulten, eine Glocke an der Behelfsschule bimmelte wie bei einem Feuersturm. Autos hupten, Menschen tanzten um rotglühende Kohlefeuer. Luftballons in den chilenischen Nationalfarben Rot, Weiß und Blau stiegen in den sternenfunkelnden Himmel über der Wüste.

Die Rettungsaktion ist minutiös geplant. Nach Angaben von Gesundheitsminister Jaime Manalich sollten vier der physisch und psychisch fittesten Bergleute als erste nach oben geholt werden. Etwaige Probleme könnten sie am besten verkraften und später den Schwächeren sagen, wie sie diese meistern können. Danach würden die zehn schwächsten heraufgeholt. Zum Schluss sollen wieder psychisch und physisch am meisten belastbare Kumpel an die Reihe kommen.

Zwei Wochen lang kein Kontakt zu den Verschütteten

Das Drama unter Tage hatte am 5. August begonnen. Mehr als zwei Wochen dauerte es, bis die Verschütteten nach dem Einsturz entdeckt und über Schächte versorgt wurden. Noch nie waren Menschen so lange Zeit in so großer Tiefe gefangen. Die Aktion zu ihrer Rettung ist die längste und aufwendigste, die je im Bergbau vorgenommen wurde. Den Verschütteten half ein ausgeklügeltes Beschäftigungs- und Fitnessprogramm, die belastende Zeit in der Tiefe zu überstehen.