Karte: Ghana mit Sogakope und dem Fluss Volta
reportage

Hochwasser in Ghana "Unsere Gemeinden sind überflutet"

Stand: 19.10.2023 11:14 Uhr

Starke Regenfälle und Überschwemmungen plagen Ghana. Zwei Stauseen sind übergelaufen, viele Menschen haben ihr Hab und Gut verloren. Nun drohen auch noch Seuchen.

Von Jean-Marie Magro, zzt. ARD-Studio Rabat

Denda Nam steht zusammen mit einigen Frauen auf einer Anhöhe. Hier fühlt sie sich sicher vor dem Wasser. "Unsere Gemeinden sind überflutet worden. Der Pegelstand des Wassers ist beängstigend. Wir können nichts tun", sagt sie: "Unsere Grundstücke: zerstört. Unsere Existenzen: weggespült. Mein Haus ist überflutet. Deshalb bin ich hier draußen."

Schon seit Tagen regnet es in Denda Nams Heimatstadt Sogakope am Ufer des Volta-Flusses, so wie auch im Rest der Region im Südosten Ghanas. Kinder können nicht in die Schule, Geschäfte sind geschlossen.

Stauseen übergelaufen

Am Dienstag liefen wegen des vielen Regens zwei Stauseen über, die das Land eigentlich mit Strom versorgen. Straßen, Häuser, ganze Gemeinden: alles überschwemmt. Es ist eine Katastrophe mit Ansage, meint Denda Nam: "Solche Desaster passieren seit Jahrzehnten. Es ist inzwischen ein jährlich stattfindendes Ereignis. Schaut auf diese Zerstörung, unsere Straßen sind nicht mehr da. Die müssen etwas dagegen tun!"

Die. Damit meint Denda Nam die Politiker, die Behörden. Doch Meteorologen und Klimatologen warnen, dass Starkregenfälle und Überschwemmungen in den kommenden Jahren wohl noch heftiger werden.

"Wenig, was ich tun kann"

Der Fischer Michael Eshun, ebenfalls in Sogakope zuhause, erzählt, dass Freunde, die am anderen Ufer des Flusses leben, ihr Zuhause verloren haben. "Ich weiß, dass auch mein Haus bald überflutet wird, aber es gibt wenig, was ich tun kann, um es zu retten", sagt er: "Mir geht es in erster Linie um die Sicherheit meiner Familie."

Bisher hat kein Mensch in den Überschwemmungen sein Leben verloren. Davon gehen die Behörden zumindest aus. Rettungskräfte wie Seji Saji arbeiten auf Hochtouren und haben schon Tausende Menschen dazu aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. "Wir haben hier vor Ort 3.000 Menschen schon verlegt, und es könnten noch mehr werden", sagt er: "Der Wasserpegel wird wohl in den kommenden vier bis fünf Tagen nicht sinken."

Ernten fallen aus

Saji ist der stellvertretende Generaldirektor der Nationalen Organisation für Katastrophenmanagement (NADMO). Bisher wurden insgesamt 26.000 Menschen im Osten Ghanas dazu aufgefordert, die Häuser zu verlassen, sagt er. Die Marine teilte mit, sie habe Tausende Menschen in der Volta-Region an der Grenze zu Togo gerettet. Die langfristigen Schäden sind nur zu erahnen: Getreideernten fallen aus, das Stromnetz funktioniert unzuverlässig, und Trinkwasser ist knapp.

Eji Trader, ein Kleingewerbebetreiber, führt durch sein Haus. Seit Tagen, sagt er, stapft er hier schon durch Wasser. Das größte Problem aber hätten schwangere Frauen: "Viele von ihnen können nicht ins Krankenhaus gehen. Einige können ihre Ärzte nicht zur Schwangerschaftsvorsorge aufsuchen", sagt er: "Andere waren gezwungen, bei den Überschwemmungen allein zu Hause zu entbinden. Dabei haben wir Angst wegen des verseuchten Wassers. Wir brauchen dringend Hilfe, um den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern."

Bisher ist die Situation unter Kontrolle, teilen die Behörden mit. Aber Menschen wie Denda Nam, die junge Mutter, die ihr Haus verloren hat, geben sich keiner Illusion hin. Hochwasser wie dieses werden auch in den kommenden Jahren Ghana plagen: "Eigentlich wollen wir an einen sicheren Ort ziehen. Aber uns fehlt das Geld, um uns anderswo ein neues Heim zu leisten."

Jean-Marie Magro, ARD Rabat, tagesschau, 19.10.2023 09:20 Uhr